Reizen am Fuße der Schneekoppe
Die Skat-WM in Karpacz/Polen
- Die Vorrunde über 15 Serien
- Der Mannschaftswettbewerb
- Die Damenkonkurrenz
- Senioren/Seniorinnen
- Jugend
- Die Mixed-Wertung
- Nationenwertung
- Das Finale
- Tabellen
Ins kleine Städtchen Karpacz zu Füßen der berühmten Schneekoppe, mit 1602 Metern dem höchsten Berg des Riesengebirges, zog es die Teilnehmer der 18. offenen Skat-Weltmeisterschaft im Jahr 2012. Die gediegene Atmosphäre, die Wandertouristen normalerweise in dieser Jahreszeit im 5-Sterne-Hotel Golebiewski, einer Bettenburg mit 800 Zimmern, verbreiten, wich vom 28.9. bis 7.10. einer knisternden Feierstimmung. Wenn 751 Skatspieler aus 17 Nationen zusammenkommen, ist immer Stimmung in der Bude.
Schon vor Beginn der Veranstaltung gab es ein Novum zu vermelden. Die Deutschen stellten bei der Weltmeisterschaft in „ihrem“ Kartenspiel – man spricht Deutsch beim Skat – nur die zweitmeisten Teilnehmer. Mit 340 Spielern lagen die Gastgeber zahlenmäßig knapp vor dem Mutterland des Skatsports (295 Spieler). Alle waren gespannt, ob sich das auch in den Ergebnissen niederschlagen würde. Sollte nach 2008 zum zweiten Mal ein Pole den Weltmeistertitel erringen?
Doch bevor wir uns dem Skatspiel widmen, möchten wir die Veranstalter und Gastgeber für eine überaus gelungene Meisterschaft gebührend würdigen. Im Hotel gefiel den Teilnehmern nicht nur der großzügige und angenehme Spielsaal, auch der Service war bemerkenswert. Neben der ausgewiesenen Freundlichkeit und dem großen Engagement des Bedienungspersonals lobten die Spieler besonders die sehr günstigen Getränkepreise (bei derartigen Skat-Events ist das keinesfalls die Regel).
Auch die Zimmer und das reichhaltige Buffet fanden überwiegend Zustimmung, lediglich die Kantinenatmosphäre des Speisesaals gab Anlass zu leichter Kritik. Dafür aber punktete das Hotel mit seinem hervorragenden Wellnessbereich. Wer zur Erholung von den vielen spannenden, aber auch nervenaufreibenden Skatrunden Entspannung suchte, war im Golebiewski bestens aufgehoben.
Auch die Vorbereitung und Organisation des Turniers verlief weitgehend reibungslos. Der Dank dafür gebührt unseren polnischen Skatfreunden – die nach der EM 2005 in Wisla schon zum zweiten Mal zeigten, was für großartige Gastgeber sie sind – und der ISPA-World, die, gemeinsam mit den polnischen Organisatoren, durch ihre akribische und liebevolle Arbeit dafür sorgten, dass die Weltmeisterschaft bei den Teilnehmern allseits in guter Erinnerung verbleibt.
Trauer hatten nur die vielen am Fortgang des Turniers interessierten Daheimgebliebenen. Bei der Aktualität der Internetpräsenz gab es eindeutig noch Luft nach oben. Da die ISPA-World das Problem erkannt hat und sicher um die Bedeutung einer guten Öffentlichkeitsarbeit im Sinne des Skatsports weiß, gibt es aber Anlass zur Hoffnung auf Besserung bei der kommenden EM im nächsten Jahr.
Die Vorrunde über 15 Serien
Am Samstag um 10 Uhr hieß es Blatt frei an allen Tischen. Und einmal mehr begannen alle Teilnehmer voller Hoffnung, dass ihnen das Glück hold sein möge, um ihre sportlichen Ziele zu erreichen. Unter ihnen auch die Titelverteidiger Alfred Flöck und Claudia Then sowie die amtierenden Europameister Senad (Eddi) Seferovic und Tamara Wettlaufer. Claudia unterstrich mit 1334 Pkt. gleich ihre Ambitionen, wieder eine gewichtige Rolle zu spielen, Tamara startete durchwachsen.
Die beiden Herren legten jedoch einen glatten Fehlstart hin. Eddi, als frischgebackener Sieger der Grömitzer Skattage angereist, musste eine 483 quittieren, Ali verpasste mit 94 Pkt. gar ein dreistelliges Ergebnis. Dem erfolgsverwöhnten Koblenzer wurden, so viel sei vorweggenommen, in Karpacz gleich mehrere gebrauchte Tage angedreht. Am Ende schaffte er nicht mal den für Spieler seiner Güteklasse eigentlich selbstverständlichen 1000er Schnitt.
Die Musik in der ersten Serie spielte polnisch. Jan Lica (2142) und Andrzej Kraszewski (2064) sorgten für einen gelungenen Auftakt der Gastgeber und nährten die Hoffnung, dass die Polen bei dieser Meisterschaft eine gewichtige Rolle spielen. Als Dritter platzierte sich mit Lothar Steffens (2022) der erste Deutsche. Den renommierten Hamburger von den Elbe Assen hatte so mancher Experte schon vor dem Turnier als Mitfavoriten auf dem Zettel. Doch 15 Serien sind eine lange Distanz und ein guter Start ist bei weitem keine Garantie für den Einzug ins Finale der besten 16. Dort sollte denn auch keiner der ersten Zehn des Auftaktes landen.
Auch in der zweiten Serie führten zwei Polen das Klassement an. Dawid Michalski (2127) gewann vor Józef Marcol (2095). Thomas Brandl blieb somit trotz seiner hervorragenden 2051 Pkt. nur der dritte Platz. Es folgte noch so manche Serie, die er mit diesem Ergebnis locker gewonnen hätte. Die dritte gehörte jedoch nicht dazu. Sie sah erstmals drei Deutsche vorn. Das Rennen um den Seriensieg machte Siegfried Walther (2079) vor Jens Stein (2033) und Horst Neumann (1869).
Den Tagessieg sicherte sich mit Yves Enke ein gebürtiger Berliner, den die Liebe allerdings nach Lübeck verschlagen hat. Mit stattlichen 4726 Pkt. verwies er die zweimalige Europameisterin Claudia Knape (4639) und Frank Lingens (4531) auf die Plätze. Die in den ersten beiden Serien so fulminant gestarteten Polen schafften es nicht ganz nach vorne. Ihr Bester war Jan Lica auf Platz 10. Dafür aber brachen ein Österreicher (Georg Schöller als 5.) und ein Franzose (Herbert Fees als 6.) in die Phalanx der führenden Deutschen ein.
Der Ausgang der ersten Serie des zweiten Tages war zugleich bemerkenswert und für manch einen gewöhnungsbedürftig. Denn zwei der drei Serienpreise gingen an das vermeintlich schwache Geschlecht. Als erste und dritte zeigten Sylvie Schwarzer (2126) und Cordula Brettschneider (2021) der zahlenmäßig weit überlegenen Männerschar, dass die joviale Überheblichkeit, die viele ewig Gestrige noch immer skatspielenden Damen entgegenbringen, längst von der Realität ad absurdum geführt wurde.
Seit immer mehr Frauen das Skatspiel als geistige Herausforderung entdecken und mit viel Ehrgeiz, Fleiß und Wissbegierde an der Verbesserung ihrer Spielqualität arbeiten, machen sie den Herren der Schöpfung zunehmend das Gewinnen schwer. Und es bedarf sicher nicht prophetischer Gabe, vorherzusagen, dass diese Entwicklung voranschreiten wird. Zieht euch warm an, liebe Männer, da erwächst euch ernstzunehmende, aber auch sehr sympathische neue Konkurrenz. Doch über diesen Exkurs zum Aufschwung der Damen beim Skat sollte der Serienzweite Ernest Waloszyński nicht vergessen werden. Sorry, Ernest, dass wir Deine herausragenden 2110 Pkt. erst mal hinten angestellt haben.
In der fünften Serie fanden die überraschenden Einläufe in den vorderen Rängen ihre Fortsetzung. Zwar waren die ersten Zehn allesamt männlichen Geschlechts, aber neun davon stammten aus dem Gastgeberland. Einzig Klaus Stelzer (1955) hatte als Dritter der geballten polnischen Power ein außergewöhnlich gutes Ergebnis entgegenzusetzen. Den Seriensieg sicherte sich Stanislaw Narloch (2185) vor Leonard Synowiec (2172).
Zum Abschluss des Sonntags waren dann aber wieder die Deutschen obenauf. Marko Filla (2134) brachte sich mit seiner tollen Liste genau wie der Zweite Richard Holzer (1813) auch in der Gesamtwertung in eine gute Position. Der dritten Sabine Jansen (1810) hingegen muss diese Runde wie das Aufwachen aus dem Dornröschenschlaf vorgekommen sein, hatte sie doch in den vorhergehenden fünf Serien nicht mal einen 750er Schnitt erreichen können. Ob vor der Liste etwa ein Prinz von der Schneekoppe herabgestiegen kam?
Die Tageswertung sah Richard Holzer (4654) ebenfalls auf Platz zwei. Besser war nur Hartmut Seeber (4765), der sich durch diesen tollen Tag auch in der Gesamtwertung mit 8171 Pkt. auf den zweiten Platz schob. Den dritten Platz des Tages belegte Robert Straubinger (4428), den dritten Gesamtplatz Jens Stein, der mit seinen 8033 Pkt. wie drei weitere Spieler die magische 8000er Grenze überschreiten konnte. Bleibt noch der Führende Frank Lingens. Doch obschon er sich mit seinen 8758 Pkt. bereits einen stattlichen Vorsprung erarbeitet hatte, möchten wir unsere Laudatio auf ihn noch aufschieben. Denn von ihm sollte noch länger die Rede sein.
Da der Montag den Nationalteams vorbehalten war, machte die Vorrunde kurz Pause. Für die meisten also ein bisschen Zeit zum Durchschnaufen und die Gelegenheit, sich den Schönheiten des Riesengebirges zu widmen. Es soll ja laut unbestätigten Gerüchten auch Skatspieler geben, die nicht nur einen Blick für Buben und Asse haben. Am Dienstag aber wurde wieder kräftig Skat gekloppt. Und so langsam ging es ans Eingemachte. Speziell für diejenigen, die ihren persönlichen Erwartungen ein wenig hinterher hinkten.
Neuer Tag, neues Glück, mögen sie gedacht haben. Für Steffen Ilsanker (1951), Thomas Kinback (1874) und Jacqueline Langer (1822) aus Belgien ging der Tag auf jeden Fall gut los. Vor allem den ohnehin gut gestarteten Thomas Kinback brachte diese Liste weit nach vorne. Der für seine Skatseminare bekannte Rheinhesse gehörte bereits vor dem Turnier zu den Favoriten auf einen Finaleinzug und schien nun auf einem sehr guten Weg zu sein. Dass dieser aber zuweilen dornig ist, musste der „Skatprofessor“ am vierten Tag erkennen. Mit einem 700er Schnitt büßte er alle Chancen ein.
Doch zurück zum Dienstag. In der achten Serie durfte Heinz Lang (1881) die Lorbeeren für den Seriensieg einheimsen. Folker Ehrlich (1861) und Thomas Brandl (1829) folgten auf den Plätzen. Für Thomas war es bereits der zweite Serienpreis. Er schob sich damit auf Platz 40, direkt vor den amtierenden Europameister Senad Seferovic, der nach seinem schlechten Start langsam in Schwung gekommen war. Beide blieben vorne dabei, für das Finale sollte es jedoch am Ende nicht reichen.
In der neunten Serie schlugen dann wieder die Gastgeber zu. Alle drei Serienpreise blieben im Lande. Es siegte Ewald Paulus (1955) vor Adam Baran (1908) und Herbert Pietruszka (1884). Auch die Tageswertung wurde von den Polen dominiert. Hier lag Wieslaw Biernat (4924) vor Mateusz Dabrowski (4828). Besonders bemerkenswert dabei: letzterer ist noch Jugendlicher. An Talenten scheint es in Polen nicht zu mangeln. Ein Thema, auf das wir noch zurückkommen. Der dritte Tagespreis ging an Yahia Saglam (4664), der sich dadurch als siebter im absoluten Spitzenfeld wiederfand.
Führend in der Gesamtwertung aber blieb ganz eindeutig Frank Lingens. Mit der Fabelpunktzahl von 13229 erspielte er in neun Serien fast einen 1500er Schnitt und hatte damit unglaubliche 1453 Pkt. Vorsprung auf den zweiten, keinen geringeren als den Weltmeister von 2002, Andreas Backhaus (11776). In Andis Windschatten folgte der bis dato beste Pole Marcin Zywicki (11618). Und auch zwei Damen hatten sich unter das illustre Feld der 16 Besten nach drei Tagen gemischt. Claudia Knape als 10. und Karin Kronenberg als 15. hatten damit nicht nur beste Chancen, die Nachfolge von Claudia Then anzutreten.
Nach einem weiteren Ruhetag begannen am Donnerstag die letzten drei ungesetzten Serien, die gleichzeitig auch die letzten Serien für die Mannschaftswertung waren. Eine Punktlandung auf 2000 bescherte Konrad Synowiec den ersten Seriensieg des Tages. Als „frühe Vögel“ entpuppten sich auch Janny Herzog (1890) und Bernd Eisenkolb (1833), für die das Turnier bis dato jedoch enttäuschend verlaufen war. Erwähnenswert ist noch, dass der bisherige Überflieger Frank Lingens erstmals keine Tausend schaffte. Seine 998 waren jedoch von einem Einbruch weit entfernt.
Die elfte Serie gewann Axel Anys (2123) vor Wilfried Herrmann (2038) und Lukasz Wojacsek (2037). Sich in einer Serie bei über 700 Teilnehmern unter die ersten drei zu platzieren, ist immer eine tolle Leistung. Aber in diesem Fall möchten wir dem Dritten ein besonderes Kompliment machen. Denn Lukasz ist erst 15 Jahre alt. Ein Grund, sich hinter all den großen Namen des Skatsports zu verstecken, ist das für ihn offenbar nicht. Aus diesem Holz sind Champions geschnitzt. Weiter so, Lukasz!
Die letzte Serie des Tages sah Uwe Nordmeier (2080) vorne. Auf Platz zwei trug sich mit Wolfgang Riegler (1948) endlich auch ein Österreicher in die Liste der Serienpreisgewinner ein. Komplettiert wurde das Podium von Martin Däuber (1907). Den Tagessieg – ja ist es denn zu glauben – holte unser 15-Jähriger. Lukasz Wojacsek erspielte sage und schreibe 5111 Pkt. und verwies damit Wilfried Herrmann (5073) und Stefan Reiche (4644) auf die Plätze. Da lohnt doch ein Blick, wie er in der Gesamtwertung platziert ist. Und sieh da, als neunter war er der bestplatzierte Nicht-Deutsche. Sollte sich da eine Riesen-Sensation anbahnen?
Die Führung aber behauptete ganz souverän Frank Lingens. Nach seiner kleinen „Schwäche“ in Serie 12 schob er nochmal locker über 2800 Pkt. hinterher. Mit seinen nunmehr 17112 Pkt. sprach alles dafür, dass er nur noch eine Liste hätte mitspielen müssen, um sicher für das Finale qualifiziert zu sein. Zwei Senioren standen auf den Plätzen Spalier: Der amtierende Vize-Europameister Walter van Stegen (15580) und Harald Redepenning (15343). Für Walter eine gewohnte Platzierung, Harald hingegen hatte wohl vor dem Turnier niemand so richtig auf der Rechnung.
Doch am Abschlusstag mit gesetzten Serien würde sich noch manches verschieben, das war klar. Die Spieler in den vorderen Rängen durften nun nicht mehr hoffen, zahlreiche Spiele durch Fehler zu gewinnen. Und noch etwas hatte sich schon vom ersten Tag an abgezeichnet: Man würde eine extrem hohe Punktzahl brauchen, um ins Finale einzuziehen. Einige Experten schätzten sogar, dass 17800 Pkt, zu wenig sein könnten.
Der Tag begann mal wieder mit Frauenpower. Diesmal holten die Damen sogar Gold und Silber. Anja Wiese (2035) und erneut Sylvie Schwarzer (1943) zeichneten dafür verantwortlich. Sie verwiesen Edward Dutkiewicz (1923) auf den Bronzerang. Von den in der Gesamtwertung vorne Platzierten war erwartungsgemäß wenig zu sehen bei den Serienbesten. Einzig Robert Straubinger (1755), Arkadiusz Konowalski (1724) und Ingolf Münch (1723) waren in den vorderen Rängen zu finden.
In der nächsten Serie sollte sich das jedoch ändern. Denn sie gewann mit Deni Lazicic (1882) ein heißer Kandidat für das Finale. Es folgten Rene Schwarz (1849) und Dieter Paschke (1809). Die letzte Serie der Vorrunde brachte dann noch eine Bestleistung. Mit 2401 Pkt. spielte Marian Koziorowski die mit Abstand höchste Liste des Turniers. Den zweiten Platz sicherte sich die einzige Teilnehmerin Namibias Brigitte Hartz (2069). Nachdem sie bis dahin keinen 600er Schnitt geschafft hatte, muss ihr diese Serie wie Ostern und Weihnachten an einem Tag vorgekommen sein. Glückwunsch, Brigitte. Für Michael Stolt blieb mit 2028 immerhin noch der dritte Rang.
Die Tageswertung gewann Edward Dutkiewicz (5105) vor dem Rekordmann Marian Koziorowski (4986) und Anja Wiese (4715). Letztere hatte sogar doppelten Grund zur Freude, denn ihr Lebensgefährte Yves Enke qualifizierte sich als sechster souverän für das Finale. Womit wir bei der spannenden Frage sind, wer die weiteren Plätze erreichen konnte, unter denen der Weltmeister in fünf Serien jeder gegen jeden ausgespielt werden würde.
Frank Lingens war klar, er wurde aber über Nacht so schwer krank, dass er den ersten Platz noch einbüßte und sogar über einen Verzicht auf das Finale nachdachte. Walter van Stegen, der die Vorrunde schlussendlich gewann, hatte auch jeder erwartet. Ingo Münch, Arkadiusz Konowalski und Deni Lazicic hatten ihr Ticket in erster Linie ihren hohen Serien am Schlusstag zu verdanken. Auch Dominique Deurer, Hartmut Seeber, Tomislav Brkan, und Karlheinz Stechno waren keine Überraschungen.
In der letzten Liste schaffte auch der Welt- und 2-malige Europameister Gerd Raschke noch den Sprung ins Finale. Aus Polen begleiteten Damian Mesjasz, Jerzy Trzeciakowski und Marcin Zywicki den guten Arkadiusz unter den besten 16. Andreas Backhaus, der eigentlich das ganze Turnier weit vorne mitgemischt hatte, rutschte gerade noch als Letzter in den illustren Kreis. Zum Leidwesen von Yahia Saglam, Bernd Uhl und Hans Schilling, die sich alle mit mehr als 17700 Pkt. nicht qualifizieren konnten.
Wer jedoch mitgezählt hat, weiß, dass noch ein Teilnehmer fehlt. Er hat es wirklich geschafft, die Sensation perfekt zu machen. Lukasz Wojacsek hat sich als 15-jähriger durch Platz fünf mit 18384 Pkt. locker und leicht ins Finale gespielt. Lieber Frank Lingens, lieber Walter van Stegen, ihr habt die Vorrunde dominiert, aber die größte Schlagzeile gebührt dieser unglaublichen Leistung. Lieber Lukasz, wenn Niki Lauda von Skat Ahnung und von Deinem Erfolg gehört hätte, er würde seine Kappe nie wieder aufsetzen.
Der Mannschaftswettbewerb
Enormen Zuspruch fand in Karpacs der Mannschaftswettbewerb. Insgesamt 38 Sechser-Teams wollten Nachfolger des Teams Hagen International werden, allen voran die amtierenden Europameister vom Team Loibi, die mit fast der gleichen Besetzung wie bei ihrem EM-Titel aufliefen. Weitere Favoriten: Die Deutschen Mannschaftsmeister der ISPA SSC Millenium, Skatropoly Skat.com Team, Bokis Euroskater und natürlich die Titelverteidiger. Außenseiterchancen wurden den beiden Euroskat-Teams Euroskat.com und www.Skat1x1.de sowie den Elbe Assen eingeräumt. Wie die 15 polnischen Teams einzuschätzen waren, wusste keiner der Experten.
Am ersten Tag hielten sich die Topfavoriten jedoch noch (sicher nicht ganz freiwillig) dezent im Hintergrund. Einen Blitzstart legten die Hamburger Elbe Asse hin. Sie machten schon früh deutlich, dass sie ein gehöriges Wort bei der Titelvergabe mitsprechen wollten. Eine große Überraschung war der Zweite des Eröffnungstages Marianne und ihre Männer. Mit konstant guten Leistungen hielten sie die Top-Favoriten vom Team Loibi auf Distanz. Diese hatten sich aber immerhin in Position gebracht, während die anderen Favoriten doch mehr oder weniger schwächelten (einzig Bokis Euroskater belegten als Sechste noch einen Platz in den Top Ten).
Das sollte sich aber schnell ändern. Bereits am zweiten Tag nahmen die Loibi’s Kurs auf den Titel und die Mitfavoriten robbten sich langsam aber sicher nach vorne. Ärgster Verfolger aber blieben die Elbe Asse und auch Marianne und ihre Männer blieben auf Platz vier im Rennen. Am dritten Tag setzte sich Loibi’s Startruppe allmählich ab. Kein Wunder, alle Mannschaftsmitglieder bis auf den Namensgeber und Sponsor Heribert Loibnegger, bei dem die Karte im Gegensatz zur EM in Sélestat gar nicht lief, hatten noch Chancen auf das Einzelfinale.
Einigermaßen Schritt halten konnten nur die Elbe Asse und Bokis Euroskater, für alle anderen Teams war der Titel schon in weiter Ferne. Nur ein Riesenlauf gepaart mit einem extremen Einbruch der Führenden hätte ihnen noch Chancen auf den Titel gelassen. Doch mit Letzterem war bei der Klasse und Turnierroutine der sechs Loibi’s nicht zu rechnen. Bei Marianne und ihren Männern wich die Anfangseuphorie auch immer mehr. Waren sie nach Tag drei immerhin noch sechste, wurden sie am letzten Tag nach hinten durchgereicht. Schade nach dem tollen Start.
In der ersten Serie des entscheidenden Tages bauten Loibi’s Mannen den Vorsprung sogar noch auf fast 3000 Pkt. aus, während Bokis Euroskater einen Einbruch hatten. Sie mussten ihren dritten Platz an das immer besser in Schwung kommende Skatropoly Skat.com Team abtreten. Und dieser Trend setzte sich in der vorletzten Serie fort. Bokis Euroskater fielen gar auf den sechsten Platz zurück (den sie auch nicht mehr verbessern sollten), die Skatropoly’s dagegen setzten mit einer weiteren rasanten Runde ihre Aufholjagd fort und konnten sogar die Elbe Asse überholen.
Bei nur noch knapp 1700 Pkt. Rückstand hatten sie wie auch die Elbe Asse, die nur knapp dahinter rangierten, auf einmal doch wieder kleine Chancen, den Titel zu erringen. Doch das ließ Team Loibi erwartungsgemäß nicht zu. Das Skatropoly Skat.com Team legte zwar noch einmal überragende 8201 Pkt. vor, die Führenden konterten jedoch mit einer kaum minder starken 8155er Runde und fuhren so nach dem EM-Titel auch erstmals den Weltmeister-Titel souverän ein.
Herzlichen Glückwunsch an Team Loibi, das in der Besetzung mit Heribert Loibnegger, Andreas Backhaus, Tomislav Brkan, Martin Findeisen, Ingolf Münch und Senad Seferovic seiner Favoritenrolle eindrucksvoll gerecht wurde. Ebenfalls herzlich gratulieren möchten wir dem Skatropoly Skat.com Team und den Elbe Assen für die weiteren Plätze auf dem Podium. Auf Platz vier und fünf hatten sich heimlich, still und leise der SSC Millenium und die Titelverteidiger Hagen International vorgekämpft. Für die Teams von Euroskat blieben nach wechselhaftem Turnierverlauf nur die Plätze sieben und neun, von den polnischen Teams konnte sich zum Bedauern der Gastgeber keines im Vorderfeld platzieren.
Die Damenkonkurrenz
Letztlich erreichte keine Dame das Finale, dennoch war – wie wir ja schon im Bericht über die Vorrunde erwähnt haben – die WM ein weiterer Beleg für den unübersehbaren Aufschwung der Frauen im Skatsport. Und das, obwohl die vierfache Weltmeisterin Angelika Pullig, die schon lange in der Weltspitze fest etabliert ist, gar nicht teilnahm. Viele andere haben sie mehr als würdig vertreten.
Da die Seriensiegerin nicht antrat und die Titelverteidigerin Claudia Then ein zwar sehr gutes, aber kein überragendes Turnier spielte (am Ende belegte sie den 6. Platz bei den Damen), war schon in der Mitte der WM abzusehen, dass eine neue Weltmeisterin gekürt werden würde. Beste Chancen besaßen die zweimalige Europameisterin Claudia Knape und Karin Kronenberg, die nach vielen Serien unter den besten 16 platziert waren, aber auch Brigitta Cimarolli, die sich ständig im Dunstkreis der Finalanwärter behauptete.
Am Ende aber sollte eine andere das Rennen machen. Durch eine tolle 1870er Schlussrunde schob sich Carmen Schulze ganz nach vorne und konnte Claudia Knape noch exakt um 100 Pkt. abfangen. Dritte wurde nach ihrem unglaublich guten Schlusstag Anja Wiese, mit der auch niemand mehr auf dem Podium gerechnet hatte. So blieben Brigitta Cimarolli und Karin Kronenberg „nur“ die Plätze vier und fünf. Ein Grund für Traurigkeit sollte das jedoch nicht sein, denn alle fünf haben ein grandioses Turnier abgeliefert. Dafür gebührt ihnen Respekt, Anerkennung und natürlich unser herzlichster Glückwunsch.
Senioren/Seniorinnen
Auch die Senioren und Seniorinnen haben – wie eigentlich immer – gezeigt, dass man beim Skat auch im Rentenalter noch problemlos mithalten kann. Warum auch nicht, Muskelmasse und Schnellkraft sind schließlich bei einem Denksport wenig gefragt und geistige Frische ist bekanntlich viel eher eine Sache der Einstellung als des Alters. Und gewissen konditionellen Vorteilen der Jüngeren können die älteren Herrschaften eine riesige Portion Lebenserfahrung und Routine entgegensetzen, die beim Skat eine große Rolle spielen.
Der neue Seniorenweltmeister hat dieses nachdrücklich unter Beweis gestellt, indem er in der Qualifikationsrunde alle Jüngeren hinter sich ließ. Die Rede ist natürlich von Walter van Stegen, der sich in überlegener Manier den Titel sichern konnte. Auch der Zweitplatzierte Hans Schilling erzielte eine großartige Punktzahl, die nur mit viel Pech nicht für das Finale reichte.
Dritte und damit mit riesigem Abstand auch Seniorenweltmeisterin wurde Claudia Knape. Die zweimalige Europameisterin (bei allen Damen, nicht nur bei den Seniorinnen) zeigt ebenfalls Jahr für Jahr, dass sich die Jüngeren gewaltig strecken müssen, um eine Chance zu haben, hin und wieder vor ihr zu landen. Auf den Plätzen bei den Seniorinnen landeten Rosemarie Wagner und Sabine Kohut, für die sich die lange Anreise aus Südafrika somit sicher gelohnt hat. Ihnen allen und den weiteren Gewinnern gilt ebenfalls unser herzlichster Glückwunsch.
Jugend
Bevor wir die Sieger im Jugendbereich ehren, seien uns ein paar grundsätzliche Worte über die Situation im Nachwuchsbereich des Skatsports erlaubt. Die immensen Probleme, junge Menschen für den Skat zu begeistern, spiegeln sich überaus deutlich in der Teilnehmerzahl der Jugendlichen bei der diesjährigen WM wider. Gerade mal dreizehn Jungen und ein Mädchen fanden den Weg nach Karpacz, elf davon aus dem Gastgeberland, ganze drei aus Deutschland.
Bei allen, denen ein Fortbestand unseres Denksports am Herzen liegt, kann es keinen Zweifel darüber geben, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht. Eine Weltmeisterschaft ist das große Aushängeschild jeder Sportart. Ein derart herausragendes Event ist dementsprechend bestens geeignet, die Werbetrommel auch und gerade in der jungen Generation zu rühren. Wenn wir es aber nicht schaffen, mehr Jugendlichen die Teilnahme an einer Welt- oder Europameisterschaft zu ermöglichen, wird der Skatsport in absehbarer Zeit nur noch als mehr oder weniger obskurer Zeitvertreib alter Menschen in unserer Gesellschaft wahrgenommen.
Es ist sicher nicht nur eine Frage des Geldes, daran etwas zu ändern, aber Geld spielt dabei eine bedeutende Rolle. Die Teilnahme an einer WM oder EM ist ein teurer Spaß, den sich so gut wie kein Jugendlicher leisten kann. Ist das Elternhaus nicht in der Lage, ihren Heranwachsenden ein Mitwirken zu finanzieren, müssen diese leider zu Hause bleiben. Jede große Meisterschaft, die weitgehend ohne Jugendliche stattfindet, bedeutet aber, dass wir eine gute Chance versäumen, dem Skatsport eine bessere Perspektive für die Zukunft zu geben.
Deshalb unsere Bitte: Liebe potenzielle Sponsoren, wenn ihr darüber nachdenkt, den Skatsport zu fördern, wäre es nicht eine sinnvolle Investition, eine Art Fond zu gründen, mit dessen Hilfe interessierten Nachwuchsspielern ein Großteil der Kosten für die Teilnahme erstattet wird? Die beiden Verbände DSkV und ISPA würden eine solche Idee sicher unterstützen und den organisatorischen Rahmen schaffen, diese Initiative in vernünftiger Form umzusetzen. Das Ganze kombiniert mit einer guten Öffentlichkeitsarbeit wäre ein wichtiger erster Schritt, die Situation nachhaltig zu verbessern.
Über diesen Aufruf soll aber die Siegerehrung im Jugendbereich nicht vergessen werden. Die Leistung von Lukasz Wojacsek, mit der er sich natürlich auch den Titel des Jugendweltmeisters sicherte, haben wir ja schon gebührend gewürdigt. Vermutlich hat noch nie ein Jugendlicher ein Finale erreicht (seit 1996 sicher nicht) und es spricht bei der Komplexität des Skatsports viel dafür, dass diese Leistung zumindest für lange Zeit einzigartig bleiben könnte.
Einem aber wäre zuzutrauen, diese Aussage zu widerlegen. Er hat im Jugendbereich so viele Titel gesammelt, dass ihm das gewinnen schon langweilig geworden sein könnte. Auch bei dieser WM hat er hervorragend abgeschnitten, aber für den Jugendtitel reichte das ausnahmsweise mal nicht. Die Rede ist von Philipp Moldenhauer, dem derzeit sicher größten deutschen Nachwuchstalent. Mit einem Schnitt von über 1100 Pkt. kam er im Gesamtklassement auf Platz 58. Auch der Dritte, Pawel Jablonski, hatte am Ende über 16000 Pkt. Da muss einem ob der Qualität der jungen Spieler nicht bange sein. Herzlichen Glückwunsch. Und auch denen, die das Turnier in erster Linie zum Lernen genutzt haben, viel Erfolg für die Zukunft.
Die Mixed-Wertung
Insgesamt 37 Pärchen hatten sich teilweise sehr phantasievolle Namen gegeben, um in Karpacs nach dem Motto „Gemeinsam sind wir stark“ den Titel des Mixed-Weltmeisters in Angriff zu nehmen. Einige davon sind auch im richtigen Leben ein Paar, andere sind seit Jahren am Skattisch miteinander verbunden und wieder andere haben sich erst vor Ort zusammen getan, um möglichst als Erfolgs-Duo in die Skatgeschichte einzugehen.
Nach hartem Kampf über 12 Serien war die Entscheidung gefallen. Wir wissen nicht, ob sich die neuen Mixed-Weltmeister per Zufall gefunden haben, aber wir gratulieren dem Team „Zufall“ herzlichst zu ihrem Titel. Claudia Knape und Bernd Zink erspielten zusammen 28917 Pkt. Das ist ziemlich ordentlich, wenn der Name der Wahrheit entspricht und sollte die beiden glatt animieren, künftig aus dem Team „Zufall“ ein Team „Absicht“ zu machen.
Ganz egal dürfte es im Nachhinein auch Carmen Schulze und Deni Lazicic nicht gewesen sein, dass sie sich bei der WM für ein gemeinsames Auftreten entschieden haben. Ihr Team Mirdochegal durfte sich nämlich über 28532 Pkt. und den Vizetitel freuen. Platz drei erspielten sich zwei, die schon seit vielen Jahren Lebensgefährten sind. Brigitta Cimarolli und Gerd Raschke lagen mit 28474 Pkt. nur ganz knapp hinter den Zweiten. Angetreten unter dem Namen Lennox Lewis dürften sie sich über den schönen Erfolg dennoch „tierisch“ gefreut haben.
Nationenwertung
Für viele Skatspieler, die als Nationalspieler für ihr Land spielen dürfen, ist die Nationenwertung sogar der Höhepunkt einer Weltmeisterschaft. Für die Deutschen, weil es so schwer ist, sich für die Mannschaft zu qualifizieren, und weil sehr oft der Titel winkt. Für die vieler – skatsportlich betrachtet –„kleinerer“ Nationen, weil sie den „großen“ Deutschen gerne ein Bein stellen möchten. Ein paar Nationen ist das ja auch schon einige Male geglückt.
Ob die Deutschen bei dieser WM im Land mit den zweitmeisten organisierten Skatspielern der Welt aber überhaupt – wie sonst üblich – als haushoher Favorit gelten würden, darüber gab es im Vorfeld durchaus unterschiedliche Meinungen. Immerhin konnten die Polen bei 340 Teilnehmern aus dem Vollen schöpfen und eine schlagkräftige Mannschaft formen. Und das taten sie auch und machten den Deutschen das Leben verdammt schwer.
Dass es am Ende knapp für Deutschland reichte, war nur zwei Umständen zu verdanken. Zum einen, dass der amtierende Deutsche Meister der ISPA, Gerhard Riedel einen Turbolauf bekam – er erspielte in vier Serien unvorstellbare 6722 Pkt. – und zum zweiten, dass ausgerechnet Arkadiusz Konowalski, der sich in Karpacs ansonsten in herausragender Form zeigte und als Polens Bester auf Platz vier ins Finale einziehen sollte, an diesem Tag vom Kartenglück im Stich gelassen wurde. Er schwächelte als einziger in einer ansonsten auf konstant hohem Niveau spielenden polnischen Mannschaft.
So blieb es auf den ersten zwei Plätzen beim „Business as usual“: Deutschland gewann vor Polen. Mit der Schweiz auf Platz drei war jedoch nicht unbedingt zu rechnen. Dabei soll jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass die Schweizer ihre Mannschaft mit mehreren deutschen Spitzenspielern aufgefüllt hatten. Eine Praxis, die allerdings seit Jahren Usus ist, da viele Nationen sonst keine 12er Mannschaft voll bekämen. Insofern möchten wir dies auch nicht als Kritik verstanden wissen und allen erfolgreichen Nationen gleichermaßen herzlich gratulieren.
Das Finale
16 Spieler, fünf Listen, jeder einmal gegen jeden, das ist das jährlich wiederkehrende Szenario einer WM oder EM. Und es ist jedes Jahr ein wahrer Kampf der Skatgiganten. Doch er stand dieses Jahr unter völlig neuen Vorzeichen. Noch nie hatte ein 15-Jähriger ein Finale erreicht. Würde er sich behaupten können? Neu war auch, dass sich fünf Spieler einer anderen Nation als Deutschland qualifizieren konnten. Würde zum zweiten Mal nach 2008 ein Pole Weltmeister werden?
Dann sind da ja noch die 11 deutschen Finalisten. Zwei von ihnen, Gerd Raschke (1996) und Andreas Backhaus (2002), durften schon einmal einen Weltmeistertitel entgegennehmen. Würde einer von ihnen erneut triumphieren? Oder macht es der Altmeister Walter van Stegen, der schon die Vorrunde gewann? Und was ist mit den (relativ) jungen Wilden? Weniger als 30 Lenze zählt zwar nur Dominique Deurer, aber für „Skatverhältnisse“ dürfen auch Deni Lazicic und Tomislav Brkan noch als jung gelten.
Und dann sind da ja noch der Überflieger der Vorrunde, Frank Lingens, der von Beginn an konstant starke Yves Enke, der Deutsche Meister Hartmut Seeber, der Sachsenexpress Ingolf Münch und der routinierte Karlheinz Stechno. In diesem Feld einen eindeutigen Favoriten auszumachen, fällt mehr als schwer. Klar war nur eines: wer sich im Finale durchsetzen wollte, musste nicht nur Spielvermögen haben und gute Karten bekommen. Er musste auch über ein gesundes Nervenkostüm verfügen.
Und die Nerven – so viel sei vorweggenommen – hatte längst nicht jeder im Griff. Laut übereinstimmenden Aussagen einiger Akteure und Schiedsrichter sah das diesjährige Finale ungewöhnlich viele Konzentrations- und Spielfehler bis hin zum Verwerfen und falsch ausspielen. Es hatte fast den Anschein, dass der Fehlerteufel nach seinem Auftauchen (als ungebetener Gast) den Endkampf gar nicht mehr verlassen wollte. Doch nun genug mit der Vorrede.
In der ersten Runde schafften nur fünf der Finalisten mehr als tausend Punkte. Ungewöhnlich, aber nicht untypisch. In einem WM-Finale mit Tischpunktwertung ist gutes Gegenspiel normal und ohne Reizdisziplin kein Blumentopf zu gewinnen. Die beste Liste mit 1334 Pkt. spielte der Jüngste – nein nicht unser Lukasz – der jüngste Deutsche Dominique Deurer. Ebenfalls vier Tischpunkte für den Listensieg errangen Tomislav Brkan, Karlheinz Stechno und Arkadiusz Konowalski. Lukasz Wojacsek musste leider wie seine Landsleute Damian Mesjacz und Jerzy Trzeciakowski sowie Frank Lingens mit einem Punkt für den Tischletzten vorlieb nehmen.
In Durchgang zwei legten gleich drei „4er“ die volle Punktzahl nach, nur Karlheinz musste einen „2er“ quittieren. In Lauerstellung lag Walter, der seiner 3 mit der besten Liste der Serie (1524) eine sichere 4 folgen ließ. Auch Gerd durfte sich nach zwei „3ern“ noch in Schlagdistanz wähnen. Kleine Hoffnungen auf den Titel hatten noch Ingolf Münch, Hartmut Seeber, Marcin Zywicki und Andreas mit jeweils 5 Pkt. Der Rest musste den Sieg so gut wie abschreiben: nur selten wurde ein Weltmeister mit weniger als 17 Tischpunkten gekürt. Und danach sah es dieses Jahr bei drei „8ern“ ganz und gar nicht aus.
Die dritte Serie brachte viel Bewegung ins Feld. Keiner der Führenden konnte die volle Punktzahl einheimsen. Am schlimmsten erwischte es Tomislav, der – nachdem er sich mit einem kapitalen Bock einen Grand mit zwei verbastelt hatte – nur 1 TP mitnehmen konnte. Auch Walter musste eine 1 hinnehmen und büßte damit seine Chancen weitgehend ein. Die alleinige Führung übernahm Dominique mit 11 Pkt. vor Gerd, Arkadiusz und Karlheinz (jeweils 10). Tomislav, Andreas und Hartmut hatten 9 Pkt. auf ihrem Konto.
In der vierten Runde schrumpft die Zahl der realistischen Titelanwärter erfahrungsgemäß meist auf zwei oder maximal drei Spieler. Das war dieses Jahr anders. Mit seiner dritten 4 übernahm Arkadiusz zwar die alleinige Spitze mit 14 TP, aber die Zahl der Verfolger war groß. 13 Pkt. hatten Andreas (nach seiner zweiten 4 in Folge) und Dominique, 12 sogar vier weitere Spieler: Gerd, Walter, Karlheinz und Hartmut. Sie alle konnten noch Weltmeister werden, zumal Arkadiusz relativ wenig Spielpunkte hatte, die bei Punktgleichheit den Ausschlag geben.
Doch bevor wir zum Finale kommen, möchten wir einen Blick auf das Abschneiden von Lukasz und einigen andere werfen, die nicht ganz so glücklich über den Verlauf des Finales waren. Lukasz hatte bis zur vierten Serie nur 1en gesammelt. In der Schule hätte ihn das froh gemacht, hier sicher nicht. In der letzten Liste schaffte er als versöhnlichen Abschluss immerhin eine 3, womit er sich sogar noch auf den 15. Platz schob. Enttäuscht aber sollte er von allen Finalteilnehmern am allerwenigsten sein. Für uns und sicher auch für viele andere bleibt er der unumstrittene Held des Turniers.
Auch seine drei Landsleute (außer Arkadiusz) konnten zu kaum einem Zeitpunkt in die Entscheidung eingreifen. Einzig Marcin begann ordentlich, ließ aber mit zunehmender Dauer immer mehr nach. Frank konnte einem nach seiner tollen Vorrunde ein wenig leidtun. Offensichtlich hat ihn die Krankheit doch arg beeinträchtigt. Yves und besonders Deni hatten einen schlechten Start, arbeiteten sich dann aber konstant nach vorne, was mit den guten Plätzen 6 und 8 belohnt wurde. Ingolf spielte vier mal 3 und eine 2. Das reichte aber nur für Platz 7. Und Tomislav verlor nach exzellentem Start vollkommen das Wasser aus der Kiepe.
Doch nun zur Entscheidung. Karlheinz und Hartmut hatten in ihrer Liste keine Chance und wurden mit einer 1 weit nach hinten durchgereicht. Auch Arkadiusz musste seine Hoffnungen auf den Titel frühzeitig begraben. Mit seinen gerade mal 529 Pkt. schaffte er immerhin noch 2 TP, aber mehr als der 4. Platz war damit nicht drin. Walter schloss das Finale mit einer soliden 3 ab, aber für einen Platz auf der Treppe reichte das nicht.
Der Titelkampf würde also zwischen Gerd, Dominique und Andreas entschieden werden. Gerd erspielte die 4 TP, musste aber darauf bauen, dass die beiden anderen Federn ließen, da er einen Punkt Rückstand hatte. Dominique erreichte hervorragende 1305 Pkt., machte damit aber nur 3 TP. Damit waren er und Gerd punktgleich. Die Spielpunkte mussten nun entscheiden, und da lag Gerd um die Winzigkeit von 16 Pkt. vorn.
Doch was würde Andreas machen? Nach zwei Serien mit 5 TP fast schon abgeschlagen, hatte er auf einmal die Chance, mit einer 4 oder sogar einer 3 (aufgrund seiner überlegenen Spielpunkte) erneut Weltmeister zu werden. Und tatsächlich, er hat es wieder geschafft. Mit 1203 Pkt. gewann er seinen Tisch und der Rest war nur noch Jubel und eine nicht enden wollende Gratulationstour.
Lieber Andi, auch von unserer Seite:
Herzlichen Glückwunsch zum Weltmeister-Titel
Natürlich gebührt auch Gerd und Dominique höchste Anerkennung und ein herzlicher Glückwunsch zu ihren Plätzen zwei und drei. Wie allen weiteren Finalisten. Wer so weit gekommen war, hatte zwar – zumindest insgeheim – von einem Platz ganz vorne geträumt. Aber jeder der besten 16 hat ein Riesenturnier gespielt. Das sollte ob einer eventuell aufgekommenen leichten Enttäuschung über den Finaltag nicht vergessen werden.
Tabellen
Einzelwertung
Pl. | Land | Name | Tischpunkte | Punkte |
---|---|---|---|---|
1 | DE | Backhaus, Andreas | 17 | 6175 |
2 | DE | Raschke, Gerd | 16 | 5659 |
3 | DE | Deurer, Dominique | 16 | 5643 |
4 | PL | Konowalski, Arkadiusz | 16 | 4509 |
5 | DE | Stegen, Walter van | 15 | 5164 |
6 | DE | Enke, Yves | 14 | 5464 |
7 | DE | Münch, Ingolf | 14 | 4623 |
8 | DE | Lazicic, Deni | 13 | 5244 |
9 | DE | Stechno, Karlheinz | 13 | 4548 |
10 | DE | Brkan, Tomislav | 13 | 4542 |
11 | DE | Seeber, Hartmut | 13 | 4501 |
12 | PL | Zywicki, Marcin | 10 | 3177 |
13 | PL | Mesjasz, Damian | 9 | 3938 |
14 | DE | Lingens, Frank | 8 | 3020 |
15 | PL | Wojaczek, Lukasz | 7 | 3113 |
16 | PL | Trzeciakowski, Jerzy | 6 | 3113 |
Mannschaftswertung
Pl. | Name | Punkte |
---|---|---|
1 | Loibi | 86020 |
2 | Skatropoly Skat.com Team | 84397 |
3 | Elbe Asse | 81831 |
4 | SSC Millennium | 81315 |
5 | Hagen International | 80706 |
6 | Bokis Euroskater | 80150 |
7 | www.Skat1x1.de | 78596 |
8 | Erbarme, die Nordhessen kommen | 78487 |
9 | Euroskat.com | 78367 |
10 | SG Ost-Südwest | 76834 |
Mixed-Wertung
Pl. | Name | Punkte |
---|---|---|
1 | Zufall | 28917 |
2 | Mirdochegal | 28532 |
3 | Lennox Lewis | 28474 |
4 | Ingo & Claudia | 28272 |
5 | Gotthards angel | 27819 |
6 | Endlich | 27332 |
7 | SF Grevenbroich | 27299 |
8 | Cappuccino | 27048 |
9 | Sunshine | 26365 |
10 | Jetzt oder nie | 25832 |
Nationenwertung
Pl. | Name | Punkte |
---|---|---|
1 | Deutschland | 49658 |
2 | Polen | 48911 |
3 | Schweiz | 46299 |
4 | Belgien | 45930 |
5 | Dänemark | 45026 |
6 | Spanien | 44909 |
7 | Kanada | 44712 |
8 | Österreich | 42705 |
9 | USA | 41995 |
10 | Frankreich | 40700 |
11 | Overseas | 35185 |
Senioren
Pl. | Land | Name | Punkte |
---|---|---|---|
1 | DE | Stegen Walter van | 19027 |
2 | DE | Schilling Hans | 17712 |
3 | DE | Knape Claudia | 17340 |
4 | DE | Herrmann Wilfried | 17131 |
5 | DE | Redepenning Harald | 16998 |
6 | DE | Plewnia Detlef | 16946 |
7 | FR | Fees Herbert | 16882 |
8 | DE | Gintzel Raimund | 16789 |
9 | DE | Lang Heinz | 16595 |
10 | DE | Harkämper Rolf | 16476 |
Damen
Pl. | Land | Name | Punkte |
---|---|---|---|
1 | DE | Schulze Carmen | 17440 |
2 | DE | Knape Claudia | 17340 |
3 | DE | Wiese Anja | 17279 |
4 | DE | Cimarolli Brigitta | 17056 |
5 | DE | Kronenberg Karin | 16997 |
6 | DE | Then Claudia | 16852 |
Jugend
Pl. | Land | Name | Punkte |
---|---|---|---|
1 | PL | Wojaczek Łukasz | 18384 |
2 | DE | Moldenhauer Philipp | 16684 |
3 | PL | Jabłoński Pawel | 16069 |
4 | PL | Dąbrowski Mateusz | 15152 |
5 | DE | Jussait Tony | 15066 |
6 | PL | Szymański Grzegorz | 14200 |
Seniorinnen
Pl. | Land | Name | Punkte |
---|---|---|---|
1 | DE | Knape Claudia | 17340 |
2 | DE | Wegner Rosemarie | 14227 |
3 | ZA | Kohut Sabine | 14125 |
4 | DE | Prickartz Martha | 14071 |
5 | ES | Koerper Roswitha | 13758 |
6 | AT | Grafinger Helga | 13459 |