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Thema: Zum Thema Abreizen

01.11.2011 18:51

Team-Euroskat

Immer wieder bekomme ich bei Euroskat Beschwerden zum Thema Abreizen, die offenbar Ausdruck ungenügender Regelkenntnisse sind. Kein Wunder, wer gerne Skat spielt, muss deshalb noch lange kein Freund trockener Regelbücher oder komplizierter Regelauslegungen sein. Reine Hobbyskater wissen oft nicht mal, wie das entsprechende Regelwerk heißt. Und selbst die meisten langjährigen Vereinsspieler dürften noch nie einen Blick in die ISkO, die Internationale Skatordnung geworfen haben. Warum auch, die meisten relevanten Regelfragen haben sich längst rumgesprochen und für den Rest gibt es Schiedsrichter, die bei allen größeren Turnieren zugegen sind.

Speziell das Thema Abreizen spielt ohnehin im Live-Skat kaum eine Rolle. Wenn Spieler am Live-Tisch das Gefühl haben, dass einer ihrer Mitspieler zu viel Gas gibt, wird dies meist direkt angesprochen und in den weit überwiegenden Fällen am Tisch geregelt, ohne dass es überhaupt eines Schiedsrichters bedarf. So ist es ganz natürlich, dass nur eine Minderzahl der Skatspieler eine genaue Kenntnis der Regeln zum Thema Abreizen haben. Beim Online-Skat hingegen ist das vermeintliche oder tatsächliche Abreizen in aller Munde. Da jeder Spieler die Möglichkeit hat, sich die Spiele in Nachhinein nochmals anzuschauen, kochen schnell die Emotionen hoch, wenn man merkt, mit was für schwachen Blättern teilweise sehr hoch gereizt wurde.

Dabei kursieren jedoch Vorstellungen, was abgereizt sei, die teilweise sogar sehr weit von dem entfernt sind, was aus den Regeln abgeleitet werden kann. Deshalb möchte ich an dieser Stelle über die Regeln zum Thema Abreizen und unsere Interpretation dieser Regeln aufklären, um damit zum besseren Verständnis einiger Beschwerdebearbeitungen beizutragen.

Das Wort Abreizen kommt in der ISkO überhaupt nicht vor. Die einzige Bestimmung, die zur Sanktionierung von Reizverhalten herangezogen werden kann, ist der sehr allgemein gehaltene § 4.5.2., der manchmal auch als Fairnessparagraph bezeichnet wird. Dort heißt es lapidar:

Alle Teilnehmer haben sich in jeder Situation fair, sachlich und sportlich zu verhalten und kein fadenscheiniges Recht zu suchen.

Eine Reizung kann also nur dann als strafwürdig angesehen werden, wenn sie als Verstoß gegen das FairPlay-Gebot interpretiert werden kann. Das hilft bei der Beurteilung eines Einzelfalles aber noch nicht sehr viel weiter. Ein wenig konkreter ist da schon die Rechtsprechung des Internationalen Skatgerichts. Dieses ist zwar nicht für Online-Skat zuständig, aber als seriöser Veranstalter richten wir uns natürlich nach den Grundsätzen, die das Gericht festgelegt hat.

Und da heißt es eindeutig, dass jeder Spieler das Recht und die Pflicht hat, selbst über seine taktische Marschroute zu entscheiden. Niemand darf einem Spieler vorschreiben, wie hoch er beim Reizen sein Risiko wählt. Das Gericht sagt auch, dass keinem Spieler vorgeschrieben werden kann, wie viele Spiele er gewinnen oder verlieren darf. Ich bekomme manchmal Beschwerden, in denen es heißt, Spieler X habe 7, 8 oder gar noch mehr Spiele verloren. Deshalb habe er abgereizt. Das ist eine eindeutig falsche Aussage. Die Zahl der verlorenen Spiele ist für die Beurteilung, ob abgereizt wurde, vollkommen irrelevant. Es geht nur um die Qualität der Ausgangsblätter und, wie ihr gleich sehen werdet, meist um den Spielstand des betreffenden Spielers.

Diese Aussagen des Gerichts sind natürlich auch interpretationsbedürftig. Bei der Unzahl an möglichen Kartenverteilungen wird sich das Gericht hüten, einzelnen Blättern erlaubte Reizstufen zuzuordnen, zumal unterschiedliche taktische Ausgangspositionen sehr verschiedene Risiken nahelegen. Brauche ich zwei Spiele vor Schluss noch ein Gewinnspiel, um ein Turnier zu gewinnen oder die Preisränge zu erreichen, ist auch ein sehr hohes Risiko gerechtfertigt, ja sogar unter Umständen als taktisch klug anzusehen. Ich denke, das sollte jedem einleuchten.

Bei Euroskat interpretieren wir diese Aussagen des Gerichts deshalb folgendermaßen: Am Anfang einer Liste und in der Endphase, wenn sich ein Spieler im Kampf um die Preise befindet, sind auch sehr riskante Reizungen absolut legitim (ob sie immer vernünftig und sinnvoll sind, steht auf einem anderen Blatt Papier). Lediglich wenn ein Spiel so gut wie keine Aussichten auf Gewinn verspricht, sehen wir den Fairness-Paragraphen als verletzt an.

Lediglich wenn ein Spieler schon genügend Spiele verloren und nun keine realistischen Chancen mehr hat, einen Preisrang zu erreichen, sollte er den Fuß vom Gaspedal nehmen. Nun sollte aus Fairnessgründen nicht mehr jedes Risikospiel bis an die Grenzen seiner Möglichkeiten ausgereizt werden. Das heißt natürlich nicht, dass ein Spieler in einer solchen Situation gar nicht mehr reizen sollte. Das wäre auch wieder unsportlich. Aber die Spiele mit hohem Risiko sollten nun ausgelassen werden.

Wo dabei die Grenze zu ziehen ist, ist selbstverständlich im Einzelfall genau zu prüfen und sicher auch strittig. Ich sage es ganz offen, in vielen Fällen bin ich auch nicht sicher, ob ein Spiel gerade noch tolerabel oder schon abgereizt ist. Dazu kommt, dass ich auch darauf achte, ob ein Spieler Wiederholungstäter ist oder einmalig aufgrund einer frustrierenden Liste die Nerven verloren hat.

Für mich ist es auch ein riesiger Unterschied, ob jemand ein sehr erfahrener und guter Spieler ist, der ganz genau weiß, wie unfair eine bestimmte Reizung in einer bestimmten Situation ist, oder ob es sich um einen Anfänger handelt, der erstens die Regeln vermutlich nicht so genau kennt und zweitens vielleicht die Stärke seines Blattes noch gar nicht richtig einschätzen kann. Dass ich das Vergehen des ersteren deutlich strenger beurteile als die Unkenntnis des Anfängers, sollte deutlich geworden sein.

Ihr seht also, es ist gar nicht so einfach, in jedem Einzelfall ein "richtiges" Urteil zu treffen. Ich bemühe mich dabei um eine differenzierte Betrachtung, versuche aber gleichzeitig, nicht mit unterschiedlichem Maß zu messen. Dass nicht jeder immer der Meinung ist, dass dabei das Richtige rausgekommen ist, versteht sich von selbst. Das gilt besonders, wenn Spieler bei einer Beschwerde selbst betroffen sind und nicht Recht bekommen, sei es, dass ihre Beschwerde abgewiesen wurde oder, noch schlimmer, wenn ich sie befristet gesperrt habe.

Aber bei aller, sicher auch manchmal berechtigter Kritik an meiner Arbeit, eines sollte unstrittig sein: einer muss diesen Schwarzen Peter an sich nehmen. Wir können es wohl kaum den betroffenen Spielern überlassen, das Urteil über ihr Reizverhalten selbst zu fällen.Lächelnd

Matthias Lehmann

03.11.2011 15:19

mannibenke

Ich finde sowieso, dass sich dieser Server durch ein durchweg 

äußerst defensives Spiel auszeichnet 8)

01.12.2011 02:43

no41

aber erst seit du da bist,lieber manni ;-)

 

22.10.2012 15:33

Tschigiding

Na dann will ich, als angriffslustiger Spieler, auch mal meinen " Senf " dazu geben. 

Obwohl "Abreizen" nicht detailliert in der ISkO ausgeführt wird, kann man unter "Abreizen" folgendes verstehen:

- Wer ein Spiel reizt und es nicht gewinnen will (weil er dem Mitspieler / Gegenspieler das Spiel nicht gönnt)

- Wer nach dem Wahrscheinlichkeitsprinzip auch bei bester Skatfindung sein Spiel (bei regelgerechtem Spielverlauf) nicht gewinnen kann.

Diese beiden Situationen beinhalten immer "grobe Unsportlichkeit" und sind dementsprechend nach ISkO zu sanktionieren.

 

26.10.2012 17:25

Team-Euroskat

Lieber Tschigi,

dem kann ich nur voll und ganz zustimmen.Lächelnd

28.11.2019 18:29

imbusschluessel

hallo Matthias!

Ich bin beeindruckt.Du hast so viele wichtige Fragen angesprochen bei diesem wichtigen Thema und hast Dir mit diesem Beitrag so viel Mühe gegeben.

Ich wiederhole meinen Vorschlag an die Plattform und an die Skatspieler solange,bis der durchgesetzt oder durch einen besseren Vorschlag ersetzt wird:

Macht die Beschwerden und die Bewertungen durch den Schiedsrichter öffentlich-für jeden Skatspieler einsehbar!Wählt den Schiedsrichter aus den Reihen der Skatspieler und wählt ihn nach einer Frist(halbes Jahr)neu beziehungsweise wieder!Der Schiedsrichter muss von den Skatspielern gewählt sein,von niemandem sonst!

Gruss

01.12.2019 09:56

DrSkiwago

Hallo Mathias,

dein Beitrag zum Thema "Abreizen" ist toll ausgearbeitet und voll auf den Punkt gebracht.

Kaum ein ernsthafter Skatspieler wird sich beschweren, wenn zum Turnier- oder Listensieg in der Endphase auch mal ein "krummes Ding" gereizt wird; hier aber beim FUN-Spiel, wo es um nichts geht, sind Listen mit permanent mehr als z.B. 40% Alleinspielranteil nicht zu erklären.

Wir alle kennen unsere "Pappenheimer", die mit mehr als 40% Alleinspieleranteil regelmäßig eine Liste beenden. Es liegt auf der Hand, dass je höher der Alleinspieleranteil ist, der Anteil der verlorenen Spiele ansteigt.  Ein Vergnügen (FUN) ist es nicht, mit solchen Egoisten eine Liste zu spielen; deshalb mein Vorschlag für den Turnierbereich:

Separate Tische für Spieler mit einem Alleinspieleranteil von mehr als 40%.

Dort können sie dann ihrem Reizverhalten freien Lauf lassen.

Beste Grüße

DrSkiwago 

01.12.2019 11:38

VETTELmeetsHAAS

high doktore,

nimms mir ni übel, aber einen abgefahreneren vorschlag hättest du nun echt ni machen können!! deine "idee" schießt echt jeden vogel ab, bis zum letzten ohne wurm..

"hier aber beim FUN-Spiel, wo es um nichts geht, sind Listen mit permanent mehr als z.B. 40% Alleinspielranteil nicht zu erklären."

hmm, und ich dachte gerade im funbereich ist das zu erklären..?! du widersprichst dich und widerlegst ja deine durchaus sinnvolle these ja selbst - um je mehr es geht, desto mehr sollte tendenziell die risikoquote sinken..

was nun dein problem ist, kann sich zwar jeder denken - du magst es nicht gegen offensivere zu spielen - wird allerdings überhaupt nicht gelöst durch eine teilung in "aggressivitätsabteilungen"!? und ganz ehrlich? das ist doch dann auch dein persönliches problem und nixx für die allgemeinheit?

kannst doch keine klassen bilden lassen, nur damit du spielgefährten bekommst, die dir passen?!? is ja wie im kindergarten mit krabbelgruppen je nach alter/größe bzw im übertragenen sinne spielfreude..?! unter erwachsenen leuten sollte sich doch aber immer ein weg finden miteinander klar zu kommen, ohne irgendwelche trennungen/mauern...manomann, is doch auch nurn spiel!! is doch längst kein grund zum heulen, wenn dich mal einer hochreizt...man kann ja immer noch biegen ...und manchmal ist es doch echt besser, selbst bei dünnem ggs, in 2 runden 40 zu kassieren, statt 2:2 zu spielen -ist meist minus sogar=)

beim sog. "ab"reizen gibt es zudem schon längst sanktionsmöglichkeiten..- während den defensiv"künstlern" nach unten keine grenzen gesetzt sind..?! was ist denn da nun besser/schlechter? oder sollte man nicht vielmehr einfach skat skat sein lassen...is doch an sich ein geniales spiel..oder??

in diesem sinne besinnliche tage

vmh

 

 


03.12.2019 14:29

imbusschluessel

hallo Vettel!

Aber jeder sollte doch seinen Vorschlag oder seine Idee einbringen dürfen-dazu ist doch dieses Forum da.Es ist doch wichtig,dass Skatspieler zusammen über eventuelle Verbesserungen nachdenken,ohne sich gegenseitig anzugreifen.

Gruss

03.12.2019 19:49

VETTELmeetsHAAS

Ja sicher doch...und genau das habe ich doch getan..? Vorschläge allein bewirken allerdings nixxx, sondern man sollte sich auch konstruk tiv an  Umsetzbarkeitt /Lösungen orientieren...genau dies war mmn bei drskiwagos Meldung nicht zu erkennen ... Wo du da jetzt einen "Angriff" hernimmst weiß ich nicht aber kannst du natürlich gerne äußern...tut mir leid wenn das falsch rüberkam, aber das war nie meine Intention..wirst du v mir au ni erleben, da es nixx bringt sich anzugiften wegen nem Kartenspiel...

Aber zurück zum Thema... Wie soll das denn  nun funktionieren mit den Aggresivitätsklassen?? Hat sich nach einer Liste meine Statistik von 39,9 auf 40,0 % Spielfreude verändert, darf und kann ich nun nicht mehr gegen einen 39%er spielen geschweige denn 30 oder 20?!? ohweh...muss ich also warten bis sich nach x Stunden ein "Abreizmonster" zu mir verirrt? Aber wehe der spielt 50% oder mehr...dann bin ich ja der Maurer!! Der arme wird wohl dann selbst für endeux Probleme haben jemanden dran zu bekommen=\\